Sauberer Alleskönner
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Forschungsprojekt: Das Wasserstoff-Innovationscluster Clean Port & Logistics (CPL) hat sich zum Ziel gesetzt, die Marktreife der Technologie zu beschleunigen. Als Zentrum der Aktivitäten entsteht ein Testfeld für wasserstoffbetriebene Geräte und Hafenlogistik am HHLA Container Terminal Tollerort (CTT) in Hamburg.

„Das Wasser ist die Kohle der Zukunft“, schrieb Jules Vernes bereits 1870 in seinem Buch „Die geheimnisvolle Insel“. Tatsächlich ist Wasser für die Energieversorgung unerlässlich und wird bei der Gewinnung von Energie künftig eine noch größere Rolle spielen. Stichwort Wasserstoff: Er fungiert als Energieträger der Zukunft und kann mithilfe erneuerbarer Energien wie Sonne oder Wind durch Elektrolyse aus Wasser gewonnen werden. Der Einsatz von Wasserstoff ermöglicht es, Deutschlands Industrie sowie den Lkw-, Schiff- und Flugverkehr klimaschonend umzugestalten, heißt es in der nationalen Wasserstoffstrategie der Regierung. Deutschland will bis 2045 klimaneutral sein, Industrie und Wirtschaft ziehen mit. Mit dabei ist die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA). Sie will beim Thema Wasserstoff eine Vorreiterrolle einnehmen und hat sich das Ziel gesetzt, bis 2040 klimaneutral zu wirtschaften. Mit dem Projekt Clean Port & Logistics (CPL) treibt die HHLA gemeinsam mit rund 50 beteiligten Unternehmen die Marktreife der Wasserstofftechnologie durch Anwendung im Realbetrieb voran.

Mit Unterstützung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur im Rahmen eines nationalen Innovationsprogramms für Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie beschleunigt das Cluster die Dekarbonisierung von Umschlag- und Transportprozessen. Teil der Arbeiten sind auch die Erprobung wasserstoffbetriebener Geräte in der Hafenlogistik. „Ziel unserer Arbeit ist es, die Marktreife der Wasserstofftechnologie durch direktes Anwenden im Realbetrieb zu beschleunigen“, sagt Janne Oeverdiek, Manager Clean Port & Logistics Innovation Cluster.

„Die Wasserstoff-
tankstelle wird
voraussichtlich
Anfang 2024
in Betrieb gehen"

Unternehmen aus der Container- und Hafenlogistik sowie Hersteller von Fahrzeugen und Umschlagtechnik, Wasserstoffproduzenten, Hochschulen und Forschungsinstitutionen arbeiten dabei im CPL zusammen. Die Partner kommen aus ganz Europa, Asien sowie aus Süd- und Nordamerika. Ein großer Vorteil der Zusammenarbeit im Innovationscluster ist, dass Erfahrungen und Ergebnisse direkt und persönlich zwischen den Kooperationspartnern ausgetauscht werden. Sie erforschen und erproben in der Praxis, wie Wasserstoff verlässlich zur Versorgung von Hafentechnik und -logistik eingesetzt werden kann. Dazu führt das Cluster Simulationen und Untersuchungen durch und erarbeitet Ausbildungs- sowie Schulungskonzepte. Als Zentrum der Aktivitäten entsteht ein Testfeld für wasserstoffbetriebene Geräte und Hafenlogistik am HHLA Container Terminal Tollerort (CTT) in Hamburg.

Gemeinsam mit Linde Engineering errichtet die HHLA als Teil des Testfelds auf dem CTT eine Wasserstofftankstelle, um wasserstoffbetriebene Schwerlastfahrzeuge und Terminalgeräte zu betanken und im Betrieb zu testen. Die Tankstelle wird voraussichtlich Anfang 2024 in Betrieb gehen. Kern der Tankstelle ist ein energieeffizienter Hochdruck- Ionenkompressor, der den Wasserstoff auf bis zu 450 bar komprimiert. Damit können Geräte wie Straddle Carrier, Leercontainerstapler, Gabelstapler, Terminalzugmaschinen und Lkw effizient mit Wasserstoff betankt werden.

Die Lieferung der ersten wasserstoffbetriebenen Leercontainerstapler und Terminalzugmaschinen ist mit der Hyster Yale Group, Inc., Entwickler und Hersteller von Umschlaggeräten, bereits vereinbart. Die Geräte werden mit Brennstoffzellen von Nuvera betrieben. Ihre Auslieferung der Geräte soll im zweiten Quartal 2024 beginnen. „Darüber hinaus sind mit Konecranes, Kalmar, Linde und Gassin verschiedene weitere Hersteller von Umschlaggeräten daran interessiert, ihre Prototypen auf dem Testfeld zu erproben“, erklärt Oeverdiek. Das Cluster werde die Tests vorbereiten und anschließend auswerten.

Alle am Cluster teilnehmenden Unternehmen sind motiviert, einen Beitrag zu leisten, um die Umweltziele zu erreichen und die Energiewende mit Wasserstoff zu unterstützen. Etwa Konecranes Noell mit Sitz in Würzburg, das auf die Entwicklung, Fertigung und den Service von Portalhubwagen (Straddle Carriern) für Containerterminals weltweit spezialisiert ist. „Konecranes steht dem Cluster nicht nur beratend zur Seite, sondern beabsichtigt, gemeinsam mit der HHLA den praktischen Nachweis für einen zuverlässigen und wirtschaftlichen dekarbonisierten Containerumschlag durch Portalhubwagen zu erbringen“, sagt Geschäftsführer Hubert Foltys.

Konecranes setze bereits emissionsfreie Containerumschlaggeräte in mehreren Häfen der Welt ein. Darunter emissionsfreie Straddle Carrier sowie sogenannte Automatic Guided Vehicles (AGV), die beispielsweise am HHLA-Container Terminal Altenwerder (CTA) zum Einsatz kommen. „Diese Fahrzeuge sind heute batteriebetrieben, im Zuge der Mitarbeit im Cluster werden wir nun Wasserstoff nutzen.“ Ein erster mit Wasserstoff betriebener Portalhubwagen soll im Laufe des nächsten Jahres einsatzbereit sein.

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So stellt sich die HHLA ihre klimaneutralen Terminals vor.
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Einige Partner haben bereits Erfahrungen mit Wasserstoff. Air Products mit deutschem Sitz in Hattingen an der Ruhr in Nordrhein-Westfalen etwa versteht sich als weltweit größter Wasserstofflieferant und versorgt bereits seit vielen Jahren von Stade aus Kunden im norddeutschen Raum mit Wasserstoff. Air Products will eigenen Angaben zufolge im Rahmen des Clusters Unternehmen bei der einfachen und sicheren Umstellung auf Wasserstoff, insbesondere im Bereich Mobilität unterstützen. Das Unternehmen gilt als ein Pionier in der Wasserstoffbetankung.

BTE mit Sitz in Südkorea hat sich auf die Herstellung und Entwicklung von Wasserstofftankstellen spezialisiert und wendet Wasserstoff-Brennstoffzellen in der Kleinmobilität an. Das Unternehmen hat sich eigenen Angaben zufolge an dem Cluster beteiligt, um die Leistung seiner Produkte zu prüfen. BTE hofft mit dieser Mitgliedschaft außerdem Eintritt in den europäischen Wasserstoffmarkt zu bekommen.

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Die spanische Fundación Valenciaport, Zentrum für angewandte Forschung, Innovation und Ausbildung, wiederum will ihre Erkenntnisse und Ergebnisse mit der Hafengemeinschaft in Hamburg teilen und weitere Möglichkeiten für die Integration von Wasserstofftechnologien im Hafen- und Seeverkehrssektor erkunden. Die Fundación Valenciaport mit Sitz in Valencia (Spanien) koordiniert H2PORTS, ein Projekt, das im Valencia Terminal Europa einen mit Brennstoffzellen betriebenen Reachstacker sowie einen Brennstoffzellen-Yardtractor zwei Jahre lang täglich im realen Hafenbetrieb testet. Dabei wollen sie herausfinden, welche Möglichkeiten es gibt, um Energieeffizienz, Leistung und Sicherheit der mit Brennstoffzellen angetriebenen Hafengeräte zu verbessern. Andere Partner hoffen, tiefere Einblicke ins Thema Wasserstoff zu erlangen, wie beispielsweise CMR Container Maintenance Repair Hamburg, Tochterunternehmen von Hapag-Lloyd, das ein Leercontainerdepot für Reedereien und Container-Leasinggesellschaften im Hafen betreibt. CMR lagert, repariert und schlägt Seecontainer um und will künftig wasserstoffbetriebene Großgeräte einsetzen. CMR erwartet von der Teilnahme am Cluster, Entscheidungshilfen hinsichtlich der Beschaffung zukünftiger Großgeräte sowie Informationen bezüglich der Betankung der Geräte mit Wasserstoff zu erhalten. Auch der Austausch mit anderen Mitgliedern steht im Fokus des Interesses.

„Das Container Terminal Altenwerder (CTA) in Hamburg ist bereits heute zertifiziert klimaneutral“, sagt Oeverdiek. Das Terminal weise einen hohen Automatisierungsgrad im Containerumschlag auf und gewährleiste mit hochmoderner Technik und innovativen EDV-Systemen das effiziente Löschen und Laden von großen Containerschiffen. Auf dem CTA werden vor allem batterieelektrische Umschlagsgeräte eingesetzt. Die hier gemachten Erfahrungen werden zum Beispiel mit den Wasserstoff-Testergebnissen am CTT verglichen, um robuste Entscheidungsgrundlagen für all diejenigen Unternehmen zu erarbeiten, die selbst ambitionierte Klimaziele verfolgen.

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