Cuxhaven hat Energiewende im Blick
Umschlag von Turmsektionen auf dem Blue Water BREB Terminal im Deutschen- Offshore-Industrie-Zentrum Cuxhaven.
© Kevin Lammers&ELBREKLAME

Cuxhaven hat Energiewende im Blick

Cuxhaven nimmt eine Schlüsselrolle für On- und und Offshore-Windenergie ein und ist dabei, sich auch beim Thema Wasserstoff als Vorreiter zu etablieren.

Cuxhaven ist Deutschlands größter und wichtigster Windenergiehafen und spielt eine zentrale Rolle bei der Energiewende. Der Standort ist in der Lage, diese mitzugestalten, und hat sich schon lange vor der Energiekrise als Offshore- Produktions- und Installationshafen etabliert. Darüber hinaus gilt Cuxhaven als wichtigster Importhafen für Onshore-Windenergieanlagen und übernimmt somit auch diesbezüglich eine bedeutende Funktion für die voranschreitende Energiewende in Deutschland.

Nicht zuletzt durch die Ansiedlungen der Siemens Gamesa Renewable Energy, der Titan Wind Energy und der Nordmark ist der Standort als „Deutsches Offshore Industrie Zentrum“ (DOIZ) bekannt und anerkannt. Daneben schlagen die Unternehmen der Windindustrie Enercon, Nordex und Vestas in Cuxhaven ihre Komponenten um. Das DOIZ liegt auf 450 Hektar Fläche direkt an der Küstenlinie der Elbe, verfügt neben den Offshore- und Schwerlastterminals über einen Multifunktionshafen, schwerlastfähige Lager- und Logistikflächen, Ro- Ro-Rampen, drei Hafenmobilkrane (LHM 600, LHM 550 und LHM 400) sowie einen 500-t-Portalkran. Hier werden jährlich rund 4.500 Windkraftkomponenten umgeschlagen. Der Hafen gilt als Pforte zum grünen Kraftwerk Nordsee.

Da die Regierung mit dem Windenergie-auf-See-Gesetz die Voraussetzungen geschaffen hat, den Ausbau der Offshore- Windenergie voranzubringen, rückt Cuxhaven als führender Offshore-Basishafen an der deutschen Nordseeküste noch mehr in den Fokus. Denn von Cuxhaven aus ist es möglich, Windparks auf hoher See zu errichten und zu versorgen. „Wir in Cuxhaven sehen sehr viel Potenzial im Hafen mit dem Ausbau der Liegeplätze 5 bis 7 und der Hafenerweiterung mit weiteren Flächen im hafennahen Hinterland“, sagt Marc Itgen, Leiter der Agentur für Wirtschaftsförderung der Stadt Cuxhaven. Mit dem Lückenschluss stehen dann fast vier Kilometer Kailänge für die großen und schweren Teile der Windanlagen zur Verfügung. Die östlichen Expansionsflächen sind bereits erschlossen, eine neue Schwerlastbrücke über die Bahnschienen ist in der Planung und kurz- bis mittelfristig verfügbar, dies dann zusammen mit den südlichen Expansionsflächen.

Die Landesregierung in Niedersachsen hat in ihrem Koalitionsvertrag verankert, das Projekt Ausbau der Liegeplätze 5 bis 7 aktiv vorantreiben zu wollen, und beschlossen, ein Drittel der Kosten des rund 300 Millionen Euro teuren Vorhabens zu übernehmen. Ein Drittel übernimmt die Hafenwirtschaft und die Akteure hoffen, dass der Bund das letzte Drittel dazu gibt. „Wir reden von 100 Millionen Euro, das ist zwar viel Geld, wäre aber bezogen auf die Energiewende sehr gut angelegt.“ Man wünsche sich, dass die Bundesregierung mehr Verantwortung übernimmt und rascher handelt. „Wir müssen hier etwas größer denken“, betont Itgen. Denn der Sektor erneuerbare Energien gehöre fraglos zu den Schlüsselbranchen der Wirtschaftsregion – allen voran der Bereich Windenergie.

„Cuxhaven hat in den vergangenen 15 Jahren bereits sehr viel in den Ausbau des Hafens investiert und setzt nun auf die Unterstützung der Bundes- und Landespolitik. Denn in den nächsten Jahren werden gut 500 Millionen Euro in die Infrastruktur von Cuxhaven fließen müssen“, sagt Cuxhavens Oberbürgermeister Uwe Santjer. Mit den zusätzlichen Liegeplätzen soll der Basishafen für Windenergie-Projekte auf See (Offshore) und an Land (Onshore) noch leistungsfähiger und attraktiver werden. Bis zum Jahr 2030 soll die installierte Leistung von Offshore-Windenergie von derzeit 8,3 auf mindestens 30 GW steigen, bis 2035 sollen es 40 und bis 2045 sogar 70 GW sein. „Ohne Platz schaffen wir weder unsere eigenen Ausbauziele noch die Energiewende“, ergänzt Itgen.

Fundamente von Windkraftanlagen aus Stahl und Beton wiegen mittlerweile 2.500 Tonnen, sind rund 140 Meter lang und haben einen Durchmesser von mehr als zehn Metern. Es brauche daher geeignete Lagerflächen, um Teile wie Rotorblätter, Turmsegmente oder Maschinenhäuser vorstauen zu können, und ebenso ausreichend Rangier- und Lagerfläche, um die Teile auch innerhalb des Hafens bewegen und wiederum lagern zu können. Das Baurecht für den Ausbau der Liegeplätze 5 bis 7 existiert seit 2020, auch ein gültiger Planfeststellungsbeschluss liegt vor. Es könnte also losgehen.

Cuxhaven hat Energiewende im Blick
Cuxhaven ist die Nr. 1 in Deutschland beim Umschlag von Windenergiekomponenten.
© BLuE WATEER BREB

Die Investition werde die Region ordentlich voranbringen. „Wir wollen die Industrie ansiedeln, wo die Energie ist“, sagt Itgen. Mitarbeiter betreffend verfüge Cuxhaven bereits über eine Wertschöpfung von 30 bis 40 Millionen Euro allein durch die Offshore-Industrie, sowohl in der Stadt als auch in der Region mit einem Einzugsgebiet von etwa einer Stunde Fahrzeit aus dem Hinterland. Apropos Hinterland: Der Hafen ist über einen Kreisverkehr direkt an die Autobahn 27 angebunden. Um die stabile Versorgung des Hafens weiter zu verbessern und die Transportkette nachhaltiger zu gestalten, soll auch die Eisenbahnstrecke Cuxhaven-Stade- Hamburg zweigleisig ausgebaut, elektrifiziert und die Fahrgeschwindigkeit erhöht werden.

„Unser Terminal im DOIZ kann von allen Schiffen – ob Küstenmotorschiff oder 80.000-Tonner – nach kurzer Revierfahrt und ohne Schleusung angelaufen werden“, ergänzt Kapitän Arne Ehlers, Geschäftsführer vom Hafenbetreiber Blue Water BREB, Deutschlands größtem Windenergie-Hub. Cuxhaven ist für den dänischen Hersteller Vestas das größte Einfallstor nach Deutschland und Mitteleuropa. So landen alle Windkraftanlagen, die in Österreich aufgebaut werden, in Cuxhaven bei Blue Water BREB an.

„Der Hafen gilt als

Pforte zum grünen

Kraftwerk Nordsee."

Der Windturbinenhersteller Siemens Gamesa wiederum betreibt in Cuxhaven seit 2018 eine moderne Fabrik für Offshore-Windturbinen direkt am Wasser. Die Fabrik ist die größte Produktionsstätte ihrer Art in Deutschland und Europa. Dort werden Generatoren und Naben sowie der Backend-Bereich für Gondeln von Offshore-Windkraftanlagen montiert. Das Werk in Cuxhaven beliefert große Offshore-Projekte in der Nordsee, Europa und weltweit zusammen mit dem Rotorblattwerk in Hull, Großbritannien, und dem Standort Esbjerg in Dänemark.

Und Cuxhaven kann noch mehr in Sachen Energiewende. So wird dort seit Kurzem grüner Wasserstoff produziert. Projektentwickler und Anlagenbetreiber Turneo hat eine Zwei-MW-Elektrolyseanlage aufgebaut, die pro Tag 800 Kilogramm bis eine Tonne grünen Wasserstoff herstellt und die am Standort Cuxhaven bis auf 20 MW ausgebaut werden kann. Das Projekt wurde ins Leben gerufen, um den anstehenden maritimen Bedarf an klimaneutralem Wasserstoff zu decken. Ein mit Wasserstoff fahrendes Offshore-Service-Schiff ist bereits damit in den Wattengebieten unterwegs.

Die Elektrolyseanlage erzeugt den benötigten Wasserstoff aus regenerativer Energie und gewährleistet nicht nur eine autonome Energieversorgung für die gesamte Region, „sondern ist zugleich ein zukunftsweisender Wachstumsmotor für den Wirtschaftsstandort“, betont Itgen. Zudem werden lange Transportwege für den Energieträger Wasserstoff überflüssig.

Im Rahmen des „Hyways for Future“-Projektes wird in Cuxhaven in den kommenden zwölf Monaten eine Wasserstofftankstelle als Basis für die Wasserstoffnutzung eröffnet, wo zunächst Busse, Müllfahrzeuge und später auch Pkw Wasserstoff tanken können. Als maritime Erstanwendung eignen sich Fähren mit festem Routenprofil, aber auch Schlepper und Lotsenversetzboote in Cuxhaven sollen künftig mit Wasserstoff unterwegs sein. „Wir gehen in ein neues Industriezeitalter“, betont Itgen. Cuxhaven habe hier mit seinem „Masterplan Wasserstoff“ eine Vorreiterrolle eingenommen.

Und die Wirtschaftsförderung hat mit der Initiative „ElbStrom Island“ noch eine weitere gute Idee für die Energiewende entwickelt: So soll nach deren Wunsch eine 20 Quadratkilometer große Insel am Elbfahrwasser vor der Stadt aufgespült werden. Sie entsteht aus dem Elbsand als hochreinem Baustoff, der beim Ausbaggern der Fahrrinne zum Hamburger Hafen aus der Elbe geholt und bislang an der Elbmündung in die Elbe zurückgegeben wird. Mit der künstlichen Insel sollen nicht nur die Strömungsverhältnisse verbessert werden, Cuxhaven will die neue Insel zur Energieinsel machen. Die neuen Flächen könnten genutzt werden, um überschüssigen Offshore-Windstrom aus der Nordsee zur Produktion von grünen Wasserstoff zu nutzen und diesen zu speichern. Denn er lässt sich wiederum als Treibstoff in der Schifffahrt oder aber als Rohstoff in der chemischen Industrie einsetzen.

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